Schatz aus Stralsunder Stadtarchiv


Schatz aus Stralsunder Stadtarchiv bei großer Ausstellung in Portugal

Kostbarer de Mello in Lissabon

Ab dem 24. Februar bis 9. April ist im Museu Nacional de Arte Antiga (Nationalmuseum für Alte Kunst) der portugiesischen Hauptstadt eine große Ausstellung zu „Lissabon in der Renaissance“ zu sehen. Dabei wird Lissabon als europäische Metropole im 16. Jahrhundert vorgestellt. Mit einem Exponat aus Stralsund! Es handelt sich um eine weltweit einmalige Handschrift des Portugiesen Francisco de Mello. Er gilt als größter Mathematiker Portugals im 16. Jahrhundert. Untersuchungen zufolge ist das 1521 entstandene Werk eine Widmung an den damaligen portugiesischen König Manuel I. (1469-1521). De Mello hatte sich in dem goldverzierten Prachtband mit Erkenntnissen antiker Mathematiker wie Euklid und Archimedes auseinandergesetzt.

Stralsunder Stadtarchiv - "De Mello"

Die 240 Seiten im Einband aus dem 18. Jahrhundert werden von Fachleuten als gut erhalten eingestuft. (Foto: Pressestelle Hansestadt Stralsund)


Was ist "der de Mello“?

Bei der vorliegenden Handschrift mit 240 Seiten handelt es sich um eine der äußerst seltenen originalen Überlieferungen de Mellos mit dem Titel „Francisci de Mello in Euclidis Megarensis philosophi atque mathematici prestantissimi Perspective Commentaria ad optimum quemque prefatio“.
Die Handschrift entstand 1521 in einer Pariser Werkstatt. Von dieser speziellen Arbeit ist nur noch eine Abschrift aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts an der Biblioteca Nacional de Portugal überliefert.

Inhaltlich ist sie von besonderem Interesse, da de Mello darin die Optiklehre von Euklid und die Hydrostatik von Archimedes kommentiert und so zur Rezeption dieser grundlegenden Naturwissenschaftler der Antike im Humanismus beiträgt. Seine darin angestellten grundlegenden Überlegungen für die Erkundung der Seewege rund um Afrika und den Bau neuer Seglertypen weisen zudem auf die Bedeutung Portugals als aufstrebende Seefahrernation seiner Zeit hin.

Diese prächtig illuminierte und reich mit Blattgold verzierte Handschrift ist genau jenes Widmungsexemplar, das für König Manuel I. von Portugal (1469-1521) bestimmt war (und sich wohl auch in seinem Besitz befand). König Manuel I. war Förderer de Mellos und finanzierte ihm zuvor das Studium in Paris.

Wer war Francisco de Mello?

De Mello wurde 1490 in Lissabon als Sohn eines angesehenen Adligen geboren. Die Familie pflegte enge Kontakte zum portugiesischen Königshaus und Manuel I. (Regierungszeit 1489 – 1521) schickte den begabten jungen Mann nach Paris zum Studium, wo er von 1512 bis 1521 Mathematik und Theologie studierte. Nach seiner Rückkehr aus Frankreich wurde de Mello Lehrer der männlichen königlichen Nachkommen. Darüber hinaus war er auch als Mathematiker und Geograph an der Universität in Lissabon tätig, wo er zeitweilig auch als Rektor amtierte. Er starb in seiner Heimat 1536, kurz nach seiner Ernennung zum Bischof der portugiesischen Kolonie Goa in Westindien. Bei einem Erdbeben im Jahr 1755 ist der größte Teil der Werke de Mellos vernichtet worden.

Wie kam die Handschrift nach Stralsund?

Graf Axel von Löwen (1687-1772), Generalgouverneur von Schwedisch-Pommern, der 1748 bis 1766 in Stralsund residierte, ließ in ganz Europa Schriften ankaufen, die sich insbesondere mit seinen Steckenpferden Mathematik und der Festungsbaukunst befassten.

Nach Kontakten mit der Universitätsbibliothek in Lissabon gilt als gesichert, dass die außergewöhnliche Handschrift im 17. Jahrhundert zunächst an einen portugiesischen Mathematiker verkauft wurde. Später ist sie dann in den antiquarischen Buchhandel gelangt. Zu welchem Zeitpunkt das Buch durch den Bibliophilen Axel Graf von Löwen angekauft wurde, ist bislang ungeklärt. Ca. 250 Jahre „schlummerte“ der „de Mello“ dann eher unbeachtet im Stralsunder Stadtarchiv, bis er ab 2012 in Gemeinschaftsarbeit mit der Staatsbibliothek Berlin sowie Wissenschaftlern aus Portugal umfassend analysiert wurde.

Im Ergebnis aller Forschungen und Erkenntnisse hat die Handschrift jetzt einen würdigen Platz in der Ausstellung "The Global City. Lisbon in the Renaissance" eingenommen.

Die Ausstellung im Internet: http://www.museudearteantiga.pt/exhibitions/the-global-city