„Reisen für Alle“
Barrierefreie Angebote in Mecklenburg-Vorpommern zertifiziert
Erste Auszeichnungsrunde: Steigenberger Hotel Sonne und Tourismuszentrale Rostock und Warnemünde geehrt
Geprüfte Qualität: Menschen mit Mobilitäts- und Sinneseinschränkungen, aber auch Ältere oder Familien mit Kindern benötigen für ihre Reiseentscheidung detaillierte Informationen zur Beschaffenheit des Urlaubsortes. Verlässliche Angaben und eine einheitliche Darstellung bietet das bundesweite Projekt „Reisen für Alle“, bei dem erstmals für die Gäste notwendige Informationen durch ausgebildete Prüfer erfasst und mit klaren Qualitätskriterien bewertet werden. Mecklenburg-Vorpommern beteiligt sich daran mit einem Gemeinschaftsprojekt des Tourismusverbandes und des Dehoga MV, bei der touristische Anbieter zwischen Ostsee und Seenplatte sensibilisiert und in den kommenden drei Jahren 80 Betriebe zertifiziert werden sollen. Bei einer ersten feierlichen Auszeichnungsveranstaltung am 01. März 2017 im Steigenberger Hotel Sonne in Rostock werden Zertifikate an zwei geprüfte Betriebe übergeben. Darüber hinaus laufen Prüfungsverfahren für 13 weitere Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern. Zur ITB erscheint zudem eine Image- und Informationsbroschüre zum Thema.
„In den Urlaub zu fahren oder einen Ausflug zu machen, ist für Menschen mit körperlichen Einschränkungen oftmals mit erhöhtem Aufwand verbunden. Die Anreise, das Angebot vor Ort, die Zimmerausstattung und die Möglichkeit einer Assistenz bei Ausflügen müssen auf Barrierefreiheit geprüft werden, um eine möglichst erholsame Zeit zu genießen. Die zertifizierten Dienstleister haben als erste in Mecklenburg-Vorpommern diese besonderen Bedarfe erkannt und umgesetzt. Wir brauchen noch mehr Impulsgeber, um langfristig alle Bereiche der touristischen Servicekette barrierefrei zu gestalten“, sagte der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit Harry Glawe vor Ort.
„Ziel des Projektes ist es, Menschen mit Sinnes- und Mobilitätseinschränkungen ein Informations- und Bewertungssystem an die Hand zu geben, mit dem sie selbstständig die Eignung des Angebotes für ihre Ansprüche prüfen und im besten Falle buchen können“, sagte Bernd Fischer, Geschäftsführer des Tourismusverbandes Mecklenburg-Vorpommern. Darüber hinaus sei es besonders wichtig, Anbieter darauf aufmerksam zu machen, wie sie sich auf die verschiedenen Zielgruppen einstellen und damit neue Gästegruppen erschließen können, so Fischer weiter. „Reisen für Alle“ sei ein Informations- und Bewertungssystem, das es Gästen ermöglicht, die Eignung von Angeboten entlang der gesamten Servicekette für ihre Ansprüche zu beurteilen und gezielt auszuwählen und zu buchen.
Bundesweit soll mit Hilfe dieses und ähnlicher Projekte ein einheitliches Qualifizierungssystem eingeführt werden. Die Förderung erfolgt aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Gesteuert wird die Sensibilisierungs- und Zertifizierungsmaßnahme vom Deutschen Seminar für Tourismus (DSFT) Berlin und dem Verein Tourismus für Alle Deutschland. Alle Bereiche der Hilfestellung bei Mobilitäts- und Sinneseinschränkungen werden in den Betrieben, die sich darum bewerben, ausgewertet. Die Kennzeichnung der Barrierefreiheit kann in zwei Qualitätsstufen erworben werden: „Barrierefreiheit geprüft: teilweise barrierefrei“ und „Barrierefreiheit geprüft: barrierefrei“. Das Logo wird jeweils um Piktogramme ergänzt, die signalisieren, für welche Personengruppen der Anbieter die Anforderungen erfüllt. Rollstuhlfahrer beispielsweise benötigen Schwellen, die eine bestimmte Höhe nicht überschreiten, für Menschen mit einer Sehbehinderung muss beispielsweise eine visuell kontrastreiche oder taktil erfassbare Gehwegbegrenzung vorhanden sein.
Mit jährlich mehreren Qualifizierungs- und Sensibilisierungsseminaren werden touristische Anbieter darüber hinaus an die Bedürfnisse und Anforderungen von Besuchern mit Behinderung herangeführt. Dies bietet Gästen eine zuverlässige Grundlage für die Reiseentscheidung und Anbietern die Möglichkeit einer besseren Positionierung im Markt. Angesetzt wird vor allem da, wo bereits eine Infrastruktur vorhanden ist – in Mecklenburg-Vorpommern sind dies vor allem die größeren Städte und die beliebten Urlaubsregionen.
Imagebroschüre „Urlaub für Alle“ wird zur ITB veröffentlicht
Neben der Zertifizierung sind im Rahmen des Projektes weitere Maßnahmen geplant, um barrierefreies Reisen nach Mecklenburg-Vorpommern zu bewerben. Zur Internationalen Tourismusbörse in Berlin 2017 erscheint die erste Imagebroschüre „Urlaub für Alle“ in Mecklenburg-Vorpommern mit barrierefreien Angeboten. Nutzer finden in dem 66-seitigen Heft beispielsweise Informationen zu den Städten Rostock oder Wismar sowie zu den Regionen Mecklenburgische Seenplatte oder Rügen. Die Palette der Angebote reicht von einem Segelkurs in Plau am See bis hin zu den Ferienwohnungen Ostseespeicher bei Wismar, die Komfort für alle Personengruppen bieten. Damit auch Menschen mit eingeschränktem Sehvermögen die Broschüre nutzen können, sind die Inhalte in Schriftgröße 15 abgebildet. Per QR-Code kann auf eine Audiodatei zurückgegriffen werden, die beispielsweise auch Audiodeskriptionen der abgebildeten Fotos enthält. Die Texte sind darüber hinaus in leichter Sprache verfasst, um Gästen mit kognitiver Behinderung die Nutzung zu vereinfachen.
Der Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern wird außerdem auf themenrelevanten Messen und Veranstaltungen vertreten sein. Detaillierte Informationen sind unter www.auf-nach-mv.de/barrierefrei und www.tmv.de/de/marketing/projekte/tourismus-fuer-alle zu finden.
Im Land wird das Projekt vom Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern gemeinsam mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Mecklenburg-Vorpommern e. V. umgesetzt. Die Gesamtkosten des bis zum März 2019 laufenden Projektes „Reisen für Alle“ betragen rund 301.000 Euro. Das Wirtschaftsministerium unterstützt das Vorhaben aus Mitteln des „Europäischen Fonds für regionale Entwicklung“ (EFRE) in Höhe von knapp 267.000 Euro.
Hintergrund:
1,6 Millionen Menschen mit Mobilitätseinschränkungen haben laut Reiseanalyse 2016 eine feste Reiseabsicht. Die Hälfte von ihnen benötigt 50 Prozent mehr Informationen bei der Planung der Reise und 22 Prozent empfinden es als schwierig, geeignete Angebote zu finden. 2015 wurden 3 Millionen Urlaubsreisen von Menschen mit Behinderung unternommen.
Barrierefreier Tourismus ist eines der wenigen Segmente mit Wachstum und mit großem ökonomischen Potenzial in Deutschland. Barrierefreiheit ist laut DSFT für etwa 10 Prozent der Bevölkerung unentbehrlich, für 40 Prozent hilfreich und für 100 Prozent komfortabel. Die demografische Entwicklung, die eine beträchtliche Steigerung der Anzahl älterer Menschen mit sich bringt und somit auch eine wachsende Zahl aktivitäts- und mobilitätsbehinderter Menschen, unterstreicht die Dringlichkeit.
Barrierefreier Tourismus in Deutschland ist daher im Sinne eines qualitativ hochwertigen „Tourismus für Alle“ zu entwickeln. Mit diesem Anspruch soll ein Standard für neue Bewegungsfreiheit, Mobilität, unbeeinträchtigte Aufenthaltsqualität und ein Höchstmaß an Service für Alle (u. a. auch für Senioren oder Personen mit vorübergehenden Unfallfolgen) gesetzt werden.
Schwerin - 01.03.2017
Text: Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit