M-V exportiert Strom den niemand will
Das „Energieland M-V“ exportiert überwiegend Strom, den niemand haben will
Zu den Meldungen über Entschädigungskosten für abgeregelte Windkraftanlagen erklärt der stellvertretende Landesvorsitzende der Freien Demokraten Michael vom Baur:
„Die Gesamtverluste aus der Stromproduktion in MV, die die Verbraucher zu tragen haben, lagen 2016 mindestens in der Größenordnung von 150 Mio Euro, einschließlich der knapp 30 Mio Abfindungen für abgeregelte Anlagen.“
Die Entschädigungen für abgeregelte Windkraftanlagen sind nur ein kleinerer Teil der finanziellen Konsequenzen der Energiepolitik, wie sie von der Landesregierung in den letzten Jahren betrieben wurde. Wenn man die Differenz zwischen der für exportierten regenerativen Strom gezahlten EEG-Umlage und den tatsächlich für Stromexporte aus MV an der Strombörse erzielbaren Erlöse in die Betrachtung einbezieht, liegen die Verluste allein aus MV eher bei mindestens 150 Millionen Euro. Diese Kosten und zusätzlich auch noch die durch den Anschluss der vielen erneuerbaren Stromproduzenten verursachten hohen Netzumlagen trägt der Verbraucher über höhere Strompreise, die mittlerweile in MV das höchste Niveau in Deutschland erreicht haben.
Mecklenburg-Vorpommern exportierte nämlich 2016 schon mit dem heutigen Windkraftanlagenbestand (ca. 3 GW installierte Leistung an Land) knapp die Hälfte des insgesamt im Lande erzeugten Stroms (ca. 6,5 TWh). Wie Daten einer überschlägigen Analyse der Zeitreihen von Erzeugung und Verbrauch zeigen, stammen davon auch ca. 2,9 TWh aus der Stromerzeugung der Kohle- und Gaskraftwerke in Rostock, Schwerin, Neubrandenburg und Lubmin. Diese kann man wegen des Heizwärmebedarfs (Kraft-Wärme-Kopplung) nicht einfach abschalten, wenn viel Wind- und Solarstrom ins Netz drängt. Den Zeitpunkt für die Stromexporte kann man sich nicht einfach aussuchen. Da es bisher kaum Speicherkapazitäten gibt, wird immer dann Strom in umliegende Gebiete abgeführt, wenn die Erzeugung in MV gerade den dortigen Verbrauch übersteigt, und die Netzkapazität eine solche Ableitung zulässt. Die Analyse der Zeitreihen macht nun deutlich, dass die Exporte mengenmäßig zu 60% in „Böen“ auf weniger als 1000 Stunden (weniger als ein Achtel der Jahresstunden) konzentriert sind. (siehe Abb.1)
Ein Vergleich der Zeiträume dieser Exportspitzen mit den zeitaktuellen Preisen an der Strombörse EEX lässt erkennen, dass der meiste Strom genau dann aus MV exportiert wird, wenn dort ohnehin schon ein Überangebot herrscht und die Börsenpreise daher im Keller oder gar negativ sind. (siehe exemplarisch die Abb. 2 und Abb.3 für den Monat Dezember 2016)
Wenn man allein die Differenz aus gezahlter EEG-Umlage für den 2016 aus MV exportierten regenerativen Strom (ca. 3.6 TWh) und dessen mit dem durchschnittlichen Börsenpreis von 3,05 ct/kWh berechneten fiktiven Börsenwert betrachtet, ergäbe sich ein Minus von ca. 115 Millionen Euro. Tatsächlich dürfte der Börsenerlös des in Überangebotszeiten exportierten Stroms aus MV noch deutlich geringer liegen, da die aktuellen Preise fat immer unter 3ct/kWh lagen.
Wir brauchen daher heute keinen weiteren Windkraftausbau, der die „Strommüll-Spitzen“ nur vergrößern würde, während auch noch so viele zusätzliche Windräder den Strombedarf des Landes in mehr als zwei Dritteln des Jahres wetterbedingt nicht decken könnten. Die Landesregierung plant aber, die Windkraftkapazität bis 2025 mindestens zu verdoppeln. Wir Freien Demokraten sagen: Die Analyse der Daten von 2016 zeigt, dass schon heute niemand auf die Stromböen aus MV wartet. Jede heute unter diesen Bedingungen noch zusätzlich in MV errichtete Windkraftanlage bringt keinen wirklichen Nutzen für Klimaschutz und Standort, lässt aber die Netzanschluss- und Stromkosten für Verbraucher und Wirtschaft im Lande weiter steigen. Diese sind schon heute die höchsten in Deutschland. Vor allem solange das Erzeugen von unverkäuflichen Stromspitzen auch noch durch das EEG subventioniert wird, sind neue Windräder sinnlose Kostentreiber.
Wir müssen uns stattdessen vielmehr zunächst darauf konzentrieren, was wir mit dem durch die heute vorhandenen Anlagen im Lande erzeugten Strom sinnvoller als bisher anfangen könnten. Dazu gilt es großtechnisch machbare Technologien zu entwickeln und einzuführen, die eine wirtschaftlich (d.h. ohne Subventionen) sinnvolle Nutzung der heute schon erzeugten Stromspitzen ermöglichen (z.B. Speicher, „Power-to-X“ oder Lastmanagement). Davon ist man bundesweit trotz interessanter Pilotprojekte noch Jahre entfernt, in Mecklenburg-Vorpommern wird noch nicht genug in dieser Richtung unternommen.
Für die Erprobung solcher Technologien steht in MV schon heute genügend Überschussstrom zur Verfügung. Die Genehmigung von neuen Windkraftanlagen zu diesem Zweck mittels Zielabweichungsverfahren, wie jüngst Gültz erfolgt, ist eine besonders sinnlose, angesichts der Bürgerproteste fast zynisch anmutende Maßnahme. Mecklenburg-Vorpommern braucht Stromspeicher, nicht immer mehr neue Windkraftanlagen!
Wir Freie Demokraten fordern bundesweit einen Neustart der Energiewende, die Abschaffung des EEG und ein Ende der Subventionen für neue Anlagen. In Mecklenburg-Vorpommern sollten wir in einer ehrlichen Bilanz überprüfen, ob das Konzept „Energieland No.1“, so wie es bisher von der Landesregierung durchgezogen wird, den Interessen aller Bürger und der Wirtschaft im Lande mehr schadet oder nutzt, und ob ein weiterer Windkraftausbau den dadurch erzeugten wachsenden Unfrieden im Land wert ist.
Schwerin - 08.06.2017
Text: FDP-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern