Interview mit Heike Carstensen


Heike Carstensen, Direktkandidatin der SPD für den Wahlkreis 26 (Stralsund II.) hat sich am Rande einer Veranstaltung im Stralsunder Bürgergarten Zeit genommen, um sich den Fragen von Chefredakteur Stephan Pundt zu stellen. Was dabei heraus gekommen ist, lest Ihr hier - bzw. ist etwas weiter unten auf der Seite als Podcast zu hören.

Stephan Pundt: Wir stehen vor der Landtagswahl 2016 in Mecklenburg-Vorpommern. In den meisten Debatten um Politik schlägt jedoch die bundesweite Flüchtlingskrise als zentrales Thema durch. Wie stark schätzen sie den Einfluss der Bundespolitik auf die Wahlentscheidung der Bürger in Mecklenburg-Vorpommern ein?

Heike Carstensen: Also ich glaube schon das das eine große Rolle spielt. Auch gerade das Thema Flüchtlingspolitik weil das sehr emotional besetztes Thema ist. Auch wenn wir hier, gerade bei uns in Stralsund oder auch in Mecklenburg-Vorpommern ja nicht soviele Flüchtlingszuweisungen haben. Wenn man das hört im Westen von Deutschland, das einige Städte 30 Prozent Flüchtlinge haben im Augenblick. Das liegt bei uns bei einem Satz von unter 3 Prozent. Trotzdem glaube ich, weil es ein emotionales Thema ist, dass es einen großen Anteil hat.

Stephan Pundt: Gehen da vielleicht erreichte Erfolge vor Ort in der Wahrnehmung der Wähler unter? Ist eine Landtagswahl vielleicht auch ein Denkzettel für die Bundespolitik?


Heike Carstensen: Ich glaube das der Wähler gar nicht so genau differenziert, das ist Bundespolitik, das ist Landespolitik. Ich merke das auch an den Wahlkampfständen und bei den Hausbesuchen, dass man sozusagen verhaftet wird für das was in Berlin getan wird und auch in Schwerin getan wird - und das finde ich auch völlig in Ordnung. Weil das verhaftet ist ja jetzt son etwas lockeres Wort, aber das hat ja auch was damit zu tun, dass man zusammen haftet. Darüber muss man sich schon im Klaren sein, dass man jetzt auch so ein Aushängeschild für die SPD ist. Und das die meisten, denke ich, doch so ein gemischte Bild bilden, was jetzt in Berlin passiert, was in Schwerin passiert und was in Stralsund passiert.

Stephan Pundt: Seit der Umsetzung der Harz 4 Reformen unter Bundeskanzler Gerhard Schröder hat die Zustimmung bei den Wählern für die SPD deutlich eingebüßt. Insbesondere in den mittleren und einkommensschwachen Schichten sprechen der SPD, beim Thema Soziales, nicht gerade wenig die Glaubwürdigkeit ab. Hat sich die SPD da in letzten Jahren vielleicht etwas von ihren Stamm-Wählern entfernt?

Heike Carstensen: Ja

Also - Ich muss sagen, ich war sehr vor den Kopf geschlagen, war böse sozusagen mit meiner eigenen Partei, was dort gemacht wurde. Vor allen Dingen, weil es auch darum geht, früher gab es zum Beispiel Arbeitslosengeld. Man hat lange gearbeitet. Je länger man gearbeitet hat, desto länger hat man auch Anspruch auf Arbeitslosengeld I. Und jetzt ist es so, dass man relativ schnell bei Harz 4 ist. Eigentlich dann fast genauso schnell wie Leute die sehr kurz nur gearbeitet haben, oder dann jetzt hier nach Deutschland kommen und dann einen Titel bekommen und Ansprüche erheben. Also im Grunde genommen ist es dann ja auch Harz 4.

Und von daher glaube ich schon das wir da falsch abgebogen sind als SPD.

Der Abstand von Harz 4 und Lohn, der ist auch manchmal zu gering. Der muss stärker sein. Es muss sich für die Leute mehr lohnen zu arbeiten.


Stephan Pundt: Ministerpräsident Erwin Sellering fordert immer wieder eine Angleichung der Löhne und Ost-Renten an Westniveau. Steht er damit auf Bundesebene eigentlich als Einzelkämpfer?


Heike Carstensen: Es ist natürlich ganz wichtig das wir die Löhne hier auch erhöhen. Wir haben ja bei den Löhnen, die rote Laterne. Dafür sind wir bei den Arbeitslosen ganz vorne. Also beides wirklich nicht zum Freuen. Aber wir haben das ja auch gesehen mit dem Mindestlohn, der sehr verteufelt worden ist - und auf Druck der SPD haben wir den Mindestlohn hier umgesetzt in Deutschland, vorher hatten wir den auch schon in Mecklenburg-Vorpommern, da waren wir Vorreiter für öffentliche Aufträge. Da wurde ja der Untergang des Abendlandes so zu sagen prophezeit - der ist ja nicht eingetreten. Und jetzt wollen wir eben auch zusammen mit den Unternehmern und Gewerkschaften dafür sorgen, dass die Löhne noch weiter ansteigen. Weil nur der Mindestlohn, das ist zu wenig. Und es ist auch wirtschaftsfeindlich mit niedrigen Löhnen zu arbeiten.

Man hört es hier doch ganz oft, dass Menschen in den Westen gehen, weil es da auch höhere Löhne gibt. Umso wichtiger ist es, dass die Löhne so zu sagen angepasst werden - Und genauso mit den Renten. Das ist da eine Rentengleichheit gibt zwischen Ost und West. Allerdings gibt es da ein Problem, weil die Löhne hier noch ein bißchen niedriger sind. Aber da die hat die SPD auch Vorgesorgt und tut gerade etwas für die Niedrigverdiener - Das es so eine Lebensleistungsrente gibt - und das gerade auch geringe Renten etwas angepasst werden nach oben.

Stephan Pundt: Frau Carstensen, sie haben einen ihrer Schwerpunkte auf die Situation in der Pflege gelegt – bessere Löhne können sie den Angestellten nicht verschaffen, denn das müssen ja die Tarifparteien untereinander austragen – Wo wollen Sie da ansetzen?

Heike Carstensen: Das mit den Löhnen ist genau das was ich eben auch grad sagte - Aber hier merkt man das besonder auch im Pflegenotstand. Es gibt einen Pflegenotstand hier in Stralsund. Das auch Einrichtungen berichten, sie hätten nicht genügend Pflegekräfte. Und da muss man auch einfach sagen, da muss auch besser bezahlt werden. Ist natürlich schwierig in diesem Bereich, wo soll das Geld herkommen?

Besonders wichtig empfinde ich - da hat die Politik jetzt nicht so eine große Handhabe - aber ich habe ja schon gesagt, wir wollen zusammen mit den Gewerkschaften und den Unternehmen erreichen, das besser gezahlt wird - und daran sind die Unternehmen auch interessiert, dass sie Fachkräfte hier bekommen. Und im Pflegebereich ist es insbesondere so, im Bereich der Ausbildung - die muss ja noch bezahlt werden. Das die Ausbildung in einem Mangelberuf bezahlt werden muss, geht überhaupt nicht!

Ich kenne das auch gar nicht so.

Ich komme aus Schleswig-Holstein - und da hat man für seinen Ausbildungsberuf eben auch ein Auszubildengehalt bekommen. Und die Auszubildenden werden hier ja zum Teil auch schon in den Pflegeheimen eingesetzt und werden auch in den Pflegeschlüsseln mitberechnet.

Pflegeschlüssel ist das nächste das wir angehen müssen - Das eben mehr Pflegekräfte, weniger Patienten betreuen. Das ist besonders wichtig!
Das die Rahmenbedinungen verändert werden - und das der Pflegeberuf attraktiver ist. Der Demografische Wandel wird weiter fortschreiten - und es wird mehr Pflegebedürftige in Zukunft geben - und da sind wir ganz dringend auf Pflegekräfte angewiesen.

Stephan Pundt: Wie sehen Sie das Thema Schülerbeförderung?


Heike Carstensen: Da kann ich Ihnen ganz einfach etwas dazu sagen.
Da hatten wir im Kreistag einen Antrag als SPD vorbereitet - das wir wollten, dass diejenigen Kinder, die nicht zur örtlich zuständigen Schule fahren, die Schülerbeförderung bezahlt bekommen, wie wenn sie zur örtlich zuständigen Schule fahren. Da wurde uns dann gesagt: Ja das ist ja genau Gesetzeslage.

Wir hatten den Eindruck, wir würde keine Zustimmung für unseren Antrag bekommen. Dann haben wir diesen Antrag zurückgezogen. Zumal Herr Drescher darauf gepocht hat, wir müssten eine Finanz-, also eine Deckungsquelle nennen - und dann haben wir den Antrag zurückgezogen. Dann habe ich mir aber ausgedungen mit den Grünen zu stimmen und den Linken - und das habe ich auch getan.

Zwei bei uns aus der SPD Fraktion haben mit den Grünen und den Linken gestimmt, also ich bin für freie Schulwahl. Ich habe ja selbst erst spät noch Abitur gemacht und wirklich auf einem kleinen Abendgymnasium, wo das dann eingeschränkt war - Die Fächer waren eingeschränkt, die Leistungskurswahl war eingeschränkt - Das fand ich für mich persönlich ganz schade - und das möchte ich nicht für irgendein anderes Kind und von daher möchte ich freie Schulwahl und das alle Schülerbeförderungskosten bezahlt werden.

Stephan Pundt: Dann haben wir noch ein anderes akutes Thema hier in der Region. Und zwar geht es darum das die Bahn die Strecke zwischen Velgast und Barth einstellen möchte. Es gab schon mal Pläne dafür, dass man die Strecke eigentlich erweitern möchte bis auf den Darß hinauf, wie ist ihre Position dazu?

Heike Carstensen: Für mich ist die Darß-Bahn ganz wichtig!
Obwohl ich jetzt nicht diejenige bin, die das ständig benutzt.
Ich bin eigentlich Fahrradfahrerin und auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen - und ich finde das aber auch ganz wichtig, das Fischland-Darß-Zingst angegliedert wird an den öffentlichen Nahverkehr. Ich höre das hier in Stralsund auch von vielen Touristen, dass sie in der Schweiz einen ganz hervorragenden Nahverkehr haben und das würde zu uns als Kulturregion hier auch ganz hervorragend passen.

Also das wir einen öffentlichen Nahverkehr haben, dass es nachhaltig ist, das es ökonomisch ist.


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03.09.2016: SPD Direktkandidatin Heike Carstensen

Das Interview

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