Bericht während der Bürgerschaft


Bericht von Senator Steffen Bockhahn, Zweiter Stellvertreter des Oberbürgermeisters, während der Sitzung der Bürgerschaft am 24. August 2022

- Hinweis: Der Bericht wurde nicht mündlich vorgetragen. -

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Gäste, in diesen Tagen erinnern wir uns an eines der dunkelsten Kapitel unserer Stadtgeschichte: an das Pogrom von Rostock-Lichtenhagen vor nunmehr 30 Jahren. Aber der Kern der Fragen von damals ist auch heute genauso aktuell: Behandeln wir alle Menschen gleich – völlig unabhängig von ihrer Herkunft, ihrer Geschichte, ihrer Sprache und ihrem Aussehen? Tun wir genug dafür, dass gegenseitige Akzeptanz und Menschenwürde keine leeren Worthülsen sind? Und schaffen wir es, diesen Maßstab auch im Alltag zu verankern?

Unter dem Motto „Gedenken – Aufklären – Gestalten“ erinnern wir in Rostock mit zahlreichen Ausstellungen, Veranstaltungen und Aktionen an das Pogrom von Lichtenhagen. Gemeinsam mit zahlreichen Partnern haben Vereine, Institutionen und wir als Stadt ganz unterschiedliche Formate zum Gedenken an das Pogrom, seine Ursachen und Folgen entwickelt.

Besonders hervorheben möchte ich dabei die Angebote für Schülerinnen und Schüler. So sind beispielsweise morgen Schulklassen in die StadtHalle eingeladen, um sich aus verschiedenen Blickwinkeln mit historischen und aktuellen Fragen auseinanderzusetzen, die mit den Ereignissen im August 1992 in Verbindung stehen. Es finden Filmvorführungen und Workshops statt. Insgesamt sieben unterschiedliche Ausstellungen und der Film „Wir sind jung, wir sind stark.“ werden im Foyer gezeigt, das zwischen 12.30 und 18 Uhr auch öffentlich zugänglich ist und ohne Voranmeldung besucht werden kann.

Meine Damen und Herren, wir sind froh über die vielen unterschiedlichen Formen des Gedenkens und über das damit verbundene Engagement aus der Zivilgesellschaft heraus. Ich möchte mich daher auch an dieser Stelle für das große Engagement aller daran Beteiligten recht herzlich bedanken! Dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Ministerpräsidentin Manuela Schwesig morgen an unserer Gedenkfeier hier im Rathaus dabei sind, unterstreicht die Dimension der Ereignisse vor 30 Jahren und zugleich ihre Aktualität. Auch die Demonstration am kommenden Wochenende mit vermutlich mehreren tausend Teilnehmenden zeigt die Bedeutung.

Die Tage im August 1992 sind Teil unserer Stadtgeschichte und bleiben für immer mit dem Namen unserer Stadt verbunden. Die Aufarbeitung ist ein permanenter Auftrag für uns und unsere Stadt. Das Pogrom ist geschehen, und daher kann es auch wieder geschehen. Dies zu verhindern bleibt unsere Aufgabe!

Sehr geehrte Damen und Herren, doch es geht nicht nur ums Erinnern und Aufklären. Als Kommune haben wir auch ganz praktische Aufgaben und Herausforderungen zu bewältigen. Wie Sie sicher schon der Berichterstattung in den Medien entnommen oder aus unserem Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Migration erfahren haben, sind wir derzeit mit den Bedingungen in unserer Gemeinschaftsunterkunft in Langenort überhaupt nicht zufrieden. Das Gebäude ist stark sanierungsbedürftig und wir befinden uns dazu in einem sehr energischen Austausch mit unserem Vermieter zur Erfüllung seiner Pflichten.

Darüber hinaus kam es am vergangenen Mittwoch zu einem Zwischenfall, der die dort lebenden Menschen zusätzlich verunsichert hat. Polizei und Feuerwehr wurden von einem Mitarbeiter der Gemeinschaftsunterkunft darüber informiert, dass in einer Küche der Unterkunft eine unbekannte Substanz in einem Backofen aufgefunden wurde. Der Backofen war noch heiß, sodass die Flüssigkeit erhitzt war und es zu einer stärkeren Geruchsbelästigung kam.

Die alarmierten Beamten konnten vor Ort in einer weiteren Küche eine ähnliche Substanz in einem Backofen vorfinden. Um eine mögliche Gefahr abzuwende n, wurde das Gebäude zunächst evakuiert. An einer Wand in der Unterkunft wurde zudem ein Schriftzug festgestellt, der eine Straftat androhte. Mehrere Spürhunde der Polizei durchsuchten daraufhin das Gebäude, konnten jedoch keine weiteren unbekannten Substanzen finden. Die Gemeinschaftsunterkunft wurde im Anschluss wieder freigegeben.

Kriminalisten sicherten die in den Backöfen aufgefundenen Substanzen. Ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Androhung einer Straftat wurde aufgenommen. Die Untersuchungen dauern noch an.

Unabhängig von diesem Vorfall sehen wir dringenden Handlungsbedarf. Wir werden nicht nur temporär, sondern dauerhaft eine zweite Gemeinschaftsunterkunft benötigen, damit wir Schutzbedürftigen auch wirklich schnell und angemessen helfen können. Unser Maßstab dabei sollten die Bedingungen unserer Gemeinschaftsunterkunft in der Satower Straße sein. Ich hoffe, dass wir Ihnen dazu demnächst entsprechende Vorschläge unterbreiten können, an denen wir bereits intensiv arbeiten.

Meine Damen und Herren, Anfang August erhielten wir die rechtsaufsichtliche Genehmigung der Haushaltssatzung 2022. Mit nur wenigen Einschränkungen wurden fast alle beantragten Kredite und Verpflichtungsermächtigungen des von Ihnen beschlossenen Haushalts und der fünf Städtebaulichen Sondervermögen für den Beginn oder die Fortführung von Investitionsmaßnahmen erteilt.

Im gemeinsamen Austausch mit der Rechtsaufsichtsbehörde konnten die noch offenen Fragen beantwortet werden. Mit öffentlicher Bekanntmachung am vergangenen Sonnabend im Städtischen Anzeiger ist nun wieder eine reguläre Haushaltsführung möglich und der Weg frei für neue Investitionsvorhaben, zum Beispiel auch im Bereich von Geh- und Radwegen, und für unsere Planungen der zukunftsträchtigen Stadtentwicklungsprojekte der kommenden Jahre.

Die Genehmigung der Haushaltssatzung 2023 wurde zunächst zurückgestellt. Die Landesregierung hat aber zugesagt, auch die Haushaltszahlen für das Jahr 2023 noch in diesem Jahr zu prüfen, womit die Verwaltung dann ohne die Beschränkungen einer haushaltslosen Zeit in das Jahr 2023 starten könnte. Das war der Verwaltungsspitze ein dringliches Anliegen. So wird derzeit geprüft, wie die bislang im Zusammenhang mit einer BUGA geplanten Investitionsmittel im Haushalt 2023 für die Stadtentwicklung am „Rostocker Oval“ vorgesehenen Mittel künftig eingeordnet werden können.

Sehr geehrte Damen und Herren, unbeschwert, friedlich und erfolgreich: Das ist unsere Bilanz der 31. Hanse Sail. Knapp 400.000 Menschen haben in der gesamten Stadt das maritime Fest gefeiert. Nicht nur das Wetter spielte mit, überall strahlende Gesichter gab es auch an Bord der vielen Traditions- und Segelschiffe, an den Kaikanten im Stadthafen und in Warnemünde und bei den vielfältigen Veranstaltungen und Begegnungen. Mit einem neuen Konzept konnte erreicht werden, dass dennoch genug Freiraum war beim Bummeln und Schiffe-Gucken. Über 100 Schiffe aus sieben Ländern luden Gäste an Bord. Die etwa 12.000 Plätze für Ausfahrten waren nahezu ausverkauft.

Auch an dieser Stelle möchte ich noch einmal allen Beteiligten danken, die zu diesem wunderbaren Erfolg beigetragen haben: Den Skippern und ihren Besatzungen, den vielen fleißigen Händen an Bord und an Land, der Deutschen Marine und nicht zuletzt den vielen ehren- und hauptamtlichen Organisatorinnen und Organisatoren, insbesondere den Teams vom Hanse Sail-Büro und von der Stadtentsorgung.

Während traumhafter Stunden am und auf dem Meer hat die Hanse Sail neue Kontakte und Freundschaften ermöglicht und deutliche Zeichen dafür gesetzt, wie wichtig Verständigung und Zusammenarbeit über Grenzen hinweg sind. Die Hanse Sail 2022 hat gezeigt: Die Begeisterung für die Traditionsschifffahrt ist ungebrochen und der neue Kurs stimmt.

Meine Damen und Herren, im Juli erfolgte eine Zwischenevaluation zum Stand des Förderprojektes „Smile City“. Im Ergebnis wurde die Organisationseinheit „Smart City“ neu strukturiert, personell verstärkt und unter eine neue Führung gestellt. Der Fokus in der Umsetzung des Förderprojektes liegt in den kommenden Monaten in einer intensiven Beteiligung der Stadtgesellschaft, der gemeinsamen Erarbeitung von Smart-City-Maßnahmen sowie der Sicherstellung des nationalen und internationalen Erfahrungsaustausches, um die Strategiephase möglichst noch erfolgreich abschließen zu können.

Neben den Ideen für eine smarte Stadtentwicklung stehen etwa 30 Vorhaben der Bürgerbeteiligung auf der aktuellen Agenda der Koordinierungsstelle im Bereich Menschenfreundliche Stadt. Eine Herausforderung dabei ist die Erarbeitung der im Leitfaden festgeschriebenen Vorhabenliste. Im November wird die Koordinierungsstelle Bürgerbeteiligung einen Zwischenbericht in Form einer Informationsvorlage erarbeiten. Eine Evaluation ist für 2023 geplant.

Die Vorbereitungen für die Wahl der neuen Oberbürgermeisterin oder des neuen Oberbürgermeisters am 13. November und im Falle einer Stichwahl am 27. November laufen auf Hochtouren. Insgesamt werden etwa 1.100 Wahlhelferinnen und Wahlhelfer benötigt. Die Wahlhelferwerbung ist angelaufen und Unterstützung dabei auch aus Ihren Netzwerken ist immer herzlich willkommen!

Meine Damen und Herren, am vergangenen Montag sind die 44 kommunal getragenen und 17 frei getragenen Rostocker Schulen gut vorbereitet in das neue Schuljahr 2022/2023 gestartet. Für 20.250 Schülerinnen und Schüler begann nach sechs Wochen Sommerferien wieder der Unterricht. 1.825 Schulanfängerinnen und Schulanfänger an 28 Schulen und in 86 Klassen starteten ihre Schullaufbahn.

Unser Schulnetz ist auch im neuen Schuljahr breit und vielfältig aufgestellt. Dennoch gab es auch einige Neuerungen. So hat die Schulart unabhängige Orientierungsstufe (Jahrgangsstufen 5 und 6) an der Grundschule „Kleine Birke“ in der Kopenhagener Straße in Lütten Klein ihre Arbeit aufgenommen. Und an der Grundschule in Schmarl können nun bis zu 228 Kinder im Hort in neuer Trägerschaft der Volkssolidarität Kreisverband Rostock-Stadt e. V. betreut werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, im Herbst werden uns neue Herausforderungen erwarten. Und wir bereiten uns darauf vor:

Gerade sind wir vielleicht dabei, Corona etwas zu vergessen. Noch gibt es unterschiedliche Expertenmeinungen dazu, ob wir schon im endemischen Stadium dieser Pandemie angekommen sind. Doch die Erfahrungen der vergangenen beiden Jahre haben uns gelehrt: Mit sinkenden Temperaturen steigen die Fallzahlen an. Und im September sollen neue Vakzine auf den Markt kommen. Von uns als Kommune werden also wieder Beratungsleistungen und Impfangebote stärker nachgefragt sein.

Das Thema Energiesparen dagegen beschäftigt uns alle und bestimmt gerade die öffentliche Debatte. Wir in Rostock fahren gerade die Anstrahlung öffentlicher sukzessive zurück. Insgesamt etwa 30 Gebäude und Sehenswürdigkeiten sind davon betroffen. Im Hallenschwimmbad „Neptun“ wurden nach der Sommer-Instandsetzungspause die Wasser- und Lufttemperaturen reduziert. Alle Ämter und Organisationseinheiten der Stadtverwaltung haben Energiespar-Vorschläge erarbeitet, die wir derzeit sichten und bewerten. Im September sind eine Klimakonferenz und mehrere Veranstaltungen in unterschiedlichen Stadtteilen geplant, bei denen es um effizientes Energiesparen geht. Wir alle sind als Stadtgesellschaft aufgerufen, Energie zu sparen. Die Stadtverwaltung wird dabei wichtige Beiträge leisten.

Besonders im Fokus werden in diesem Herbst jedoch die Energieversorgungsunternehmen stehen. Unsere Stadtwerke Rostock AG beobachten seit Januar 2021 exorbitant steigende Großhandelspreise für Gas, Strom, Kohle und Öl. Sie stehen in engem Austausch im Rahmen ihrer Verbandsarbeit, sind aktiv im Lageteam Gasversorgung M-V und im Arbeitsstab Energie, Wasser und Verkehr des Landes. Insofern werden wir auch an dieser Stelle als Konzern Stadt mit großer Aufmerksamkeit und Sensibilität reagieren können, auch wenn wir natürlich noch nicht wissen, wie sich die Lage auf dem Energiemarkt entwickeln wird.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

Rostock - 24.08.2022
Quelle: Pressestelle Hanse- und Universitätsstadt Rostock